Ist eine Scheidung unausweichlich, stehen die Scheidungswilligen automatisch vor der Frage zum Versorgungsausgleich. Dabei geht es um den Ausgleich aller in der Ehezeit erworbenen Anwartschaften und Ansprüche im Bezug auf die Versorgung im Alter oder bei Erwerbsunfähigkeit. Beim Versorgungsausgleich handelt es sich um eine gesetzliche Ordnung innerhalb des Familienrechts, explizit des Scheidungsrechts.
Historische Hintergründe zum Versorgungsausgleich
Der Versorgungsausgleich ist ein verhältnismäßig junges Gesetz, das zum 1. September 2009 in Kraft trat. Erlassen wurde es bereits im April 2009 und die letzte Änderung wurde ein Jahr nach dem Inkrafttreten, im Dezember 2010 vorgenommen. Bis zu diesem Zeitpunkt gab es keine allgemeingültige und rechtlich bindende Regelung, wenn es um den Versorgungsausgleich nach einer Scheidung ging.
Für den geringer verdienenden Ehepartner, im Regelfall handelt es sich hierbei um die Frau, bot die Gesetzgebung fortan mehr Sicherheit durch die in der Ehe erworbenen Ansprüche. Da die Gehaltsunterschiede bei Eheleuten in den meisten Fällen enorm sind, wurde mit dem Versorgungsausgleich eine gerechtere Absicherung als vor dem Gesetzeserlass geschaffen.
Gesetzliche Grundlage in Deutschland
Im Ehezeitraum wird die Altersrente gemeinsam veranlagt. Nach einer Scheidung, sofern der Versorgungsausgleich nicht im Rahmen einer notariellen Beglaubigung oder einer Scheidungsfolgevereinbarung geregelt wurde, nimmt das Familiengericht die Berechnung der Ansprüche vor. Der Versorgungsausgleich ist nicht mit der Unterhaltsforderung zu verwechseln, sondern bezieht sich ausschließlich auf die gemeinsam erworbenen Ansprüche in der gesetzlichen Rentenversicherung, der betrieblichen Altersvorsorge und er berufsständischen Versorgung, wie auch in der Beamtenversorgung und bei privaten Renten- sowie Lebensversicherungspolicen.
Ohne den Versorgungsausgleich ist der Ehepartner benachteiligt, der zum Beispiel im Rahmen der Kindererziehung mehrere Jahre erwerbslos oder nur teilzeitbeschäftigt und somit minderverdienend war. Das Ziel der Gesetzgebung basiert auf der hälftigen Übertragung von Rentenanwartschaften, die auf Seiten des besserverdienenden Partners erworben wurden.
Nachweise und Dokumente zum Versorgungsausgleich
Für die konkrete Berechnung des Ausgleichs benötigt das Familiengericht verschiedene Dokumente und Nachweise. Dazu muss ein Fragebogen vollständig und ehrlich beantwortet, sowie sämtliche Policen für private Rentenversicherungen eingereicht werden.
Um die betrieblichen Einzahlungen und Beamtenbeträge zu berechnen, werden die Lohnabrechnungen und die Steuerbescheide aus den Ehejahren benötigt. Nur wenn alle Dokumente vollständig und plausibel sind, kann eine korrekte Ermittlung der anteilig erworbenen Rentenansprüche des sonst benachteiligten Ehepartners erfolgen.
Fakten, die nach einer Scheidung geklärt werden müssen
Im Regelfall ist es so: Während die Frau in den ersten Jahren nach der Geburt zu Hause bleibt und die Kinder umsorgt, steht der Ehepartner mit beiden Beinen im Berufsleben. Er erwirbt daher Rentenansprüche, die im Falle des Fortbestehens der Ehe beiden Partnern zugute kommen.
Bei einer Scheidung würde der gut verdienende Partner eine adäquate Rente beziehen, während die Ehefrau aufgrund ihrer beruflichen Pause oder anschließender Teilzeitarbeit immer benachteiligt wäre. Um diese Einschränkung auszuschließen, wird im Falle des Versorgungsausgleichs eine konkrete Berechnung vorgenommen und der im Ehezeitraum erworbene Anspruch gleich an beide Parteien verteilt.
Der Zeitraum der Berechnung beginnt ab dem Tag der Eheschließung und endet an dem Tag, an dem der Scheidungsantrag offiziell eingereicht wird. Unter allen klärungsbedürftigen Dingen nach einer Scheidung, nimmt der Versorgungsausgleich meist für die Frau eine besonders wichtige Position ein.
Die Bestandteile des Versorgungsausgleichs
Was genau im Rahmen des Versorgungsausgleichs verhandelt wird, hängt mit der Vorsorge für das Rentenalter und die Erwerbsunfähigkeit ab. Ausgeschlossen sind rein kapitalbildende Lebensversicherungen, die nicht speziell für die Rente und nicht im Zeitraum der Ehe abgeschlossen wurden.
Hier wird der Versorgungsausgleich nicht angewandt, da diese Policen in die Zugewinngemeinschaft einfließen und ebenfalls, sofern es nicht per Ehevertrag anders vereinbart ist, unter den ehemaligen Eheleuten aufgeteilt werden. Eine vorherige Klärung des Versorgungsausgleichs ist möglich, in dem sich die Partner für einen notariell beglaubigten Ehevertrag entscheiden. Fehlt dieser, nimmt das Familiengericht die Ermittlung der Fakten vor und errechnet die Beträge des Ausgleichs.
Da es sich um ein langfristiges Verfahren handelt, ist diese Methode im Falle einer späten Scheidung kurz vor Renteneintritt oftmals mit viel Stress verbunden. Auch wenn Sie bei der Eheschließung nicht über eine Scheidung nachdenken möchten, kann ein Gespräch über finanzielle Regelungen durchaus konstruktiv und im Bedarfsfall gut sein.