Im Falle einer Scheidung treffen sich die scheidungswilligen Eheleute vor Gericht, um ihre Ehe zu beenden. Im Gegensatz zu anderen gerichtlichen Verfahren werden im Familienrecht allerdings andere Begrifflichkeiten verwendet.
„Angeklagter“ oder „Beschuldigter“ wäre ja auch recht unpassend. Man trifft sich also nicht zum Scheidungsprozess, sondern zum Scheidungsverfahren. Auch der Streitwert heißt im Familienrecht anders. Hier wird von dem Verfahrenswert gesprochen.
Was ist der Streitwert?
Der Verfahrenswert ist im Prinzip der Streitwert eines Scheidungsprozesses. Der Streitwert ist der Wert, den ein Streitgegenstand, um den ein Prozess geführt wird, hat. Festgesetzt wird dieser Wert vom Gericht.
Der Streitwert hat abseits von Scheidungsverfahren noch andere Bedeutungen. Bei einem Zivilprozess bestimmt die Höhe des Streitwertes die Zuständigkeit des erstinstanzlichen Gerichts. Bis zu einem Streitwert von 5.000 Euro ist das Amtsgericht zuständig, darüber hinaus ist das Landgericht die erste Instanz. Man spricht daher auch vom Zuständigkeitsstreitwert.
Ob eine Berufung oder Revision möglich ist, hängt vom Rechtsmittelstreitwert ab. Damit ein solches Rechtsmittel zulässig ist, muss der Streitwert über 600 Euro liegen. Allerdings kann seit 2002 das Erstgericht auch ein Rechtsmittel unter diesem Wert zulassen. Vom Gebührenstreitwert hängen schließlich die Gebühren für ein Gerichtsverfahren und die Anwaltskosten ab.
Die unterschiedlichen Arten des Streitwerts können für den gleichen Streitgegenstand unterschiedlich hoch ausfallen, da sie auf unterschiedliche Weisen bestimmt werden.
Was ist der Verfahrenswert?
Im Familienrecht heißt der Streitwert also Verfahrenswert. Er stellt quasi den Wert einer Scheidung dar und ist damit bedeutend für die Höhe der Gerichtskosten und die Anwaltsgebühren. Der vorläufige Verfahrenswert bestimmt sich aus dem Nettoeinkommen der Eheleute, der Anzahl der unterhaltspflichtigen Kinder sowie dem Pauschalbetrag für den Versorgungsausgleich.
In der Kostenfestsetzung nach dem Scheidungsbeschluss wird der Verfahrenswert abschließend festgesetzt. Aus diesem ergeben sich die Scheidungskosten.
Was ist der Gegenstandswert?
Schließlich gibt es noch den Begriff des Gegenstandswertes. Auch dieser ist im Prinzip der Wert bei einer einvernehmlichen Scheidung, bei der es quasi keinen Streit gibt. Der Gegenstandswert ist also der monetäre Wert des Streitgegenstandes bzw. der Wert einer Scheidung, an dem sich die Anwaltsgebühren bestimmen.
Wie wird der Verfahrenswert berechnet?
Den Verfahrenswert vor der endgültigen Kostenfestsetzung durch das Gericht zu bestimmen ist nicht exakt möglich. Gemäß § 43 Abs. 1 des Gesetzes über die Gerichtskosten in Familiensachen (FamGKG) „ist der Verfahrenswert unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Ehegatten, nach Ermessen zu bestimmen.“
In die Berechnung fließen die monatlichen Nettoeinkommen der beiden Eheleute mit dem Faktor drei multipliziert ein, je unterhaltspflichtigem Kind und je Monat wird ein Betrag von 250 Euro vom Verfahrenswert abgezogen. Zusätzlich wird ein Pauschbetrag von 1.000 Euro für den Versorgungsausgleich angesetzt. Dieser wird im Nachgang an die tatsächlichen Verhältnisse angepasst.
In der Regel erfolgt die Anrechnung von 10% des dreifachen Nettoeinkommens der Beteiligten auf den vorläufigen Verfahrenswert, wenn ein Versorgungsausgleich durchgeführt werden soll. Nach der Scheidung der Ehe wird der exakte Verfahrenswert ermittelt und die Gebühren für Gericht und Anwalt abschließend festgesetzt.